Weideprojekt Wingertsberg
Region/Lage | Landkreis Gießen, Gemeinde Reiskirchen, Gemarkung Saasen |
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Geo-Koordinaten | 8° 52' 28'' O , 50° 36' 02'' N |
Lebensraumtyp | Magerrasen, Steinaustritte |
Flächengröße | 2 ha |
Tierrassen (Anzahl) | Galloways (ca. 8 Tiere) |
Beweidungstyp | saisonal |
Finanzierung | Ausgleichsabgabe (bis September 2011), Ökokonto |
Schutzgebiete | Natura 2000 |
Projektwebsite | www.naturschutzprojekte.lkgi.de |
Landschaftspflegevereinigung Gießen e.V.
Molkest. 4
35410 Hungen
Tel.: 06402-809000
E-Mail: lpv-giessen (at) t-online . de
Träger:
Landschaftspflegevereinigung Gießen e.V.Ingrid Moser
Molkest. 4
35410 Hungen
Tel.: 06402-809000
E-Mail: lpv-giessen (at) t-online . de
Landkreis Gießen
Fachdienst Umwelt (Untere Naturschutzbehörde)
Gemeinde Reiskirchen
Schulstr. 17
35447 Reiskirchen
Tel.: 06408 - 95900
E-Mail: info (at) gemeinde-reiskirchen . de
Beweider:
Landwirt aus Reiskirchen/HarbachProjektbeschreibung
Das Projektgebiet „Wingertsberg“ nördlich Saasen ist ein kleiner Teilbereich des FFH-Gebietes 5318-302 Wieseckaue und Josolleraue. Entscheidend für das Projektgebiet ist der Lebensraum des Trespen-Schwingel-Kalk-Trockenrasens.
Der Landschaftsplan bzw. die Biotopkartierung der Gemeinde Reiskirchen beschreibt 1994 im Projektgebiet einen hohen Verbuschungs- und teilweise Verbrachungsgrad. Diese Sukzession ist bis zum Beginn der Maßnahme in 2005 weiter fortgeschritten und hat große Bereiche erfaßt, die damals noch als Grünland beschrieben worden sind. Alle im Landschaftsplan innerhalb des Gebietes ausgewiesenen sehr artenreichen bis artenreichen typischen Glatthaferwiesen eingetragenen Flächen sind inzwischen verbracht.
Mit dem Grünland sind innerhalb weniger Jahre nicht nur sehr artenreiche bis artenarme typische Glatthaferwiesen verschwunden, sondern auch die Obst- und Magerrasenbereiche mit markanten Solitärbäumen und zahlreiche Lesesteinhaufen. Vereinzelt fanden sich noch Erdhügel mit Thymianpolster.
Abgesehen von der Verbuschung führte auch die Ausbreitung von Verbrachungszeiger wie Landreitgras, Fiederzwenke und Brombeeren sowie überweidete Pferdestandweiden zum Verlust wertvoller Grünlandbestände.
Müllablagerungen, mehrere Hütten (tlw. aus verschiedensten (Abfall)Materialien, Kleingärten, Grillplätze, Ablagerungen von Gehölzschnitt usw. unterstreichen die Vernachlässigung des verwildernden Gebietes.
Durch Entbuschung sollen die wertgebenden Strukturen (Streuobst, markante Solitäre, Steinaustritte, Lesehaufen) wieder freigestellt werde. Durch Beweidung und einer anfangs notwendigen händischen Nachpflege der freigestellten Bereiche kann sich mittelfristig wieder ein artenreiches, mageres Grünland mit ökologisch bedeutsamen Strukturen entwickeln.
Kooperation
Projektentwicklung durch die LPV in Kooperation mit der Gemeinde Reiskirchen und der UNB Gießen
Umsetzung der Entbuschung und der jährlichen Pflege von Hand (Gehölzaustriebe) durch örtliche Vereine wie Sportverein Saasen, Obst- & Gartenbauverein Saasen, Obst- & Gartenbauverein Lindenstruth, Freiwillige Feuerwehr Saasen, Heimatfreunde Bollnbach, Badminton-Verein Hungen
Beweidung der freigestellten Flächen durch einen Nebenerwerbslandwirt zu Beginn mit Schafen und seit 2009 mit Rindern
Naturschutzfachliche Ziele / Erfolgskontrolle
Primäres Ziel ist die Wiederaufnahme der Nutzung auf dem „Wingertsberg“ und die Entwicklung und Wiederherrichtung von Magerrasen, extensiv genutztem Grünland, in Teilen mit Obst, Freilegung von Steinlesewällen und –haufen und die Freistellung von landschaftsbildprägenden Altbäumen und Einzelgehölzen.
Die süd- und westexponierte hängige, in Teilen terrassierte Lage mit ihrem Strukturreichtum, bietet ausgezeichnete Möglichkeiten, hier einen reichhaltigen Biotopkomplex wieder herzurichten. Durch Entbuschungen werden die Gehölze zurückgedrängt. Obstbäume, Solitärgehölze (Kirsche, Eiche, Weißdorn, Hasel), Lesesteine, anstehender Fels wird wieder sichtbar. Durch anschließende extensive und angepasste Grünlandnutzung können sich die ehemaligen reichhaltigen Lebensräume am Ortsrand entwickeln. Die dann wieder besonnten Steinhaufen und –riegel können wieder von Reptilien bewohnt werden, die durch die starke Beschattung im Zuge der Gehölzsukzession aus ihrem typischen Lebensraum verdrängt wurden und gemäß L-Plan früher vorkamen.
Das Obst des nicht nur naturschutzfachlich, sondern auch kulturhistorisch bedeutsamen ortsrandtypischen Streuobstgebietes wird wieder freigestellt und in Nutzung genommen.
Für das Projektgebiet war die Erstellung eines Gutachtens erforderlich. Es wurden über die gesamte Vegetationsperiode 2006 hinweg folgende Daten erhoben:
- Vegetation und Biotope mit Bewertung
- Heuschrecken
- Tagfalter
- Reptilien
- Vögel
Alle durchzuführenden Maßnahmen orientieren sich an den gutachterlichen Aussagen und werden durch die LPV organisiert und kontrolliert.
Beweidungsmodus
2-3-malige Beweidung mit Rindern in Umtriebsweide
Öffentlichkeitsarbeit / Umweltbildung
- Presseartikel in 2005 Ingrid Moser (Geschäftsführerin LPV) stellte Maßnahme im Ortsbeirat vor
- Presseartikel in 2005 ein Teil eines großen Sanierungsvorhabens wird umgesetzt
- Presseartikel in 2006 „Wingertsberg“ wird Ausgleichsfläche für Ortsumgehung
- Darstellung des Projektmanagementes als Beispiel in zahlreichen fachlichen Vorträgen (regional)
Regionale Vermarktung
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Historie / Historische Nutzung
Die Gemeinde Reiskirchen dachte bereits 1998 über umfangreiche Sanierungmaßnahmen mit Mitteln aus der Ausgleichsabgabe nach. Dem stand jedoch ein laufendes Flurbereinigungsverfahren in der Gemarkung Saasen entgegen, welches auch auf Flächen des beabsichtigten Projektgebietes zugriff. Als die benötigten Flächen wieder verfügbar waren, standen die Mittel aus der Ausgleichsabgabe jedoch nicht mehr zur Verfügung.
Letzendlich bot sich durch den Bedarf an Ausgleich für den Bau einer Umgehungsstraße, die Möglichkeit die Sanierung des Gebietes wieder aufzugreifen. In Verhandlungen mit dem für den Bau der Umgehungsstraße verantwortlichen Amt für Straßen- und Verkehrswesen wurde ein Teil der Wingertsberg-Flächen als Ausgleich für die Umgehungsstraße direkt in die Planfeststellung eingebracht.Die Maßnahmen auf den Flächen des Ökokontos werden mit Beginn der Baumaßnahme zur Umgehungsstraße in Umsetzung gebracht.
Für einen weiteren Teil der Flächen wurde ein Antrag auf Finanzierung aus der Ausgleichsabgabe gestellt, dessen Flächenzuschnitt sich an den noch vorhandenen Mitteln aus diesem Topf orientierte. Hier wurde die Sanierung bereits begonnen.
Vor Beginn der eigentlichen Sanierung wurden vier Privatflächen innerhalb des Gebietes durch die Gemeinde angekauft. Zwei weitere Privatbesitzer verweigerten die Teilnahme, so dass diese Flächen aus dem Plangebiet herausgenommen wurden. Die Flächenankäufe wurden für den Bereich der Ausgleichsabgabe Ende 2005 abgeschlossen. Sämtliche weiteren betroffenen Flächen sind bereits im Gemeindebesitz.
Erfreulich ist, dass die örtlichen Vereine sich sehr stark mit der Fläche identifizieren und sich nahezu spontan bereit erklärten, aktiv in die Entbuschung einzusteigen. Bereits im Winter 2005/2006 führten die Freiwillige Feuerwehr, der Obst- und Gartenbauverein und der Sportverein jeweils große Entbuschungseinsätze durch.
Den Entbuschungen muss unmittelbar in der nächsten Vegetationsperiode eine Beweidung folgen, soll nicht jegliche Entbuschung zum Scheitern verurteilt sein. Nach langer Suche konnte mit einem Schafhalter ein zuverlässiger Vertragspartner gefunden werden. Die Tiere fühlen sich sichtlich wohl auf dem Wingertsberg.
Auch im kommenden Winter 2007/08 standen die gleichen Vereine wieder zur Verfügung. Bedenkt man, dass Saasen nicht gerade ein großer Ort ist, kann davon ausgegangen werden, dass in jedem 5. Haushalt ein Aktivist des Wingertsberges wohnt. Allerdings zeigte sich, dass mit den Saasener Vereinen allein das große Projekt mit seinen sehr umfangreichen Arbeiten nicht zu schultern war. Die LPV hat daraufhin gemäß ihrer üblichen Vorgehensweise versucht, aus weiteren Reiskirchener Ortsteilen weitere „Man- and Womanpower“ zu rekrutieren. Dies ist insofern gelungen, dass jetzt auch der Obst- und Gartenbauverein in Lindenstruth schon zum zweiten Mal im Einsatz ist.
Bei den winterlichen Arbeitseinsätzen muss berücksichtigt werden, dass vor jeglicher Inangriffnahme neuer Entbuschungen der Fokus auf die Sicherstellung der bisherigen Entbuschung gelenkt werden muss. Dies bedeutet, dass zunächst alle Gehölzaustriebe auf Alt-Entbuschungsflächen entfernt werden müssen, bevor man an neue Entbuschungsareale denkt.
Die Schafe legten auf dem Wingertsberg eine beachtliche Weideleistung an den Tag: Nahezu sämtliche Ruderalvegetation wird gefressen, die am Ende der jährlichen Weidesaison verbleibenden Vegetationsbestände sind erstaunlich gering. Erfreulich ist auch, dass der örtliche Obst- und Gartenbauverein bereit ist, aufkommende Brennnesselbestände noch während der auf der Fläche stattfindenden Beweidung zu mähen, damit die Brennnesseln in angewelktem Zustand von den Schafen gefressen werden (günstigste Entsorgungsmethode!). Ab 2009 wurde die Fläche in Rinderbeweidung genommen.
Monitoring
Die Entwicklung der Flächen gemäß den festgelegten naturschutzfachlichen Zielvorgaben erfolgt im Rahmen der Projektbetreuung durch die LPV.
Wirtschaftlichkeit
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